Das Ziel des IFBB Pro´s
Für viele Newcomer ist es das große Ziel professioneller Athlet zu werden. In diesem Artikel wollen wir auf die aktuelle Entwicklung des Trends zum IFBB Pro´s eingehen und das zweischneidige Schwert mit der Jagd nach der begehrten Karte betrachten.
Ganz nach dem Motto: es ist nicht immer alles gold, was glänzt!
2019 konnte ich selbst in Griechenland die IFBB Elite Pro Card gewinnen und das professionelle Lager der IFBB erreichen. Im ersten Moment war die Freude sehr groß. Nachdem ich im Juniorenbereich national alles gewinnen konnte, war es ein super Gewinn in einer gut besetzten offenen Männer Bodybuilding Klasse in Griechenland den Overall Titel mit 7:0 Kampfrichterstimmen zu erreichen. Über die Jahre sind aber auch die negativen Seiten eines Profistatus immer mehr zur Geltung gekommen. Der Spaß verschwand in den Hintergrund und die Realität wird einem schnell aufgezeigt.
Knapp 1500 Pro Cards im Jahr 2023
Im Jahr 2023 gab es einen neuen Höchstwert an verteilten Profi Lizenzen. Mit 1447 Pro Cards gibt es nicht nur einen zahlreichen Nachschub an ambitionierten Athleten, sondern auch die Frage, wie die Reise für einen Großteil der Athleten weiter geht? In den letzten Jahren wurden immer mehr Pro Qualifiers erschaffen und somit auch mehr Karten verteilt. Ein Grund für das Umdenken der NPC und des IFBB wird mit Sicherheit der finanzielle Faktor sein. Mehr Inhaber einer Profi Lizenz bedeutet auch mehr Einnahmen für den Verband. Die Starts bei den besagten Qualifikationsmeisterschaften kosten mehr als auf nationaler Ebene & so kann der Umsatz gesteigert werden, wenn es mehr Profis gibt.
Das Ziel vieler Athleten: Profi werden
Um in Social Media zur Geltung zu kommen, sind vorallem beeindruckende Transformationen eine Möglichkeit mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Es macht sich aber auch gut, wenn man "IFBB Pro" im Namen oder der Biografie eintragen kann. So gehört man vermeintlich zur Elite des Sports. Oft ist es der Fall, dass Athleten eine Deutsche Meisterschaft nicht gewinnen können, dann aber auf einem Pro Qualifier die begehrte Karte bekommen. In diesem Fall wäre dann der Titel des Gesamtsiegers der Deutschen Meisterschaft leistungstechnisch höher einzuordnen, als der Profi Status.
Die Frage ist: ist das die richtige Richtung?
In den 2000er Jahren mussten sich die Athleten noch über eine Deutsche Meisterschaft und die Weltmeisterschaft die Pro Card sichern. In diesem Fall hat dann nur der beste Amateurathlet weltweit eine Lizenz bekommen, was natürlich auch die Anzahl der Profimeisterschaften verringert hat. Weniger Profis bedeutet auch, dass es weniger Profi Wettkämpfe gibt. Dadurch natürlich auch weniger Einnahmen und am Ende einen geringeren Umsatz im Verband. Durch die neu geschaffene "Profi Community" sind dann auch neue Möglichkeiten gegeben, wie z.B. Merchandising Artikel zu erstellen. Das vermittelt dann ein gewisses Zusammengehörigkeitsgefühl und die Marke "IFBB Pro" kann stetig weiter wachsen. Die nachstrebende Generation will da natürlich auch dazu gehören und startet die erste Trainingsphase schon mit dem Ziel schnell zu den Champions zu gehören und genau an dem Punkt kann es dann gefährlich werden.
Das frühe Ende der Karriere
Einige Athleten beenden kurz nach dem Erreichen des Profi Titels ihre Karriere, man erkennt oft bei den ersten Starts wie groß die Kluft noch ist zur Weltspitze und man wird auf den Boden der Realität zurückgeholt. Außerdem sind die Profimeisterschaften in der Regel nicht mehr im nahen Umkreis, sondern weltweit verteilt. Bei der IFBB Elite Pro finden wir beispielsweise Wettkämpfe im Libanon, Island oder Sibirien. 2021 habe ich mich dazu entschieden nach Sibirien zu reisen und natürlich ist das dann auch eine Frage des finanziellen Aufwands. Für die Profis steigen die Kosten enorm und oft startet dann genau das erste Problem. Es gibt verschiedene Möglichkeiten Geld zu verdienen, keine Frage. Allerdings ist es immer wichtig als Profi, der noch Muskulatur aufbauen muss, dass er sich so gut wie möglich auf die Thematik Bodybuilding konzentrieren kann. Der Job sollte "nebenbei" mitlaufen und am besten nicht groß anstrengen. Viele Athleten besitzen Sponsoren und finanzieren sich ihre Karriere mit den Umsätzen von Nahrungsergänzungsmitteln mit deren Aktionscode, Coachings oder auch Personal Trainings. Mit dem Sponsor kommen dann aber auch Erwartungen wie Video Drehs, regelmäßige Content-Produktion, eventuell auch bis zu 2-3 wöchentliche YouTube Videos usw. Das alles lenkt den Athleten vom eigentlichen Ziel ab und so wird die Reise für viele schwieriger. Der Stress wird zu groß und der Spaß kann verloren gehen. Auch die Platzierungen bleiben aus und so kann die Motivation schnell auf der Strecke bleiben. Der Profi Titel bleibt in der Biografie und die eigene Wettkampfkarriere neigt sich an diesem Punkt oft dem Ende zu.
Genetische Grenzen
Doch was ist, wenn die eigene Genetik nicht ausreicht, um ganz nach oben zu kommen? Für viele Athleten wird diese Erkenntnis zu einem gefährlichen Problem. Der eigene Körper ist zum Zeitpunkt des Profi-Gewinnn schon ziemlich ausgereizt und die Joker für die nächsten Herausforderungen sind schon oft vorher gezogen worden. Oft bleibt dann nur noch die klassische "Brechstange" und vorallem die kann im Bodybuilding gefährlich werden. Die Athleten arbeiten mit Unmengen an verbotenen Substanzen und wollen fehlendes Talent und Genetik mit größerer Risikobereitschaft ausgleichen. Das ist auch bis zu einem gewissen Punkt möglich, aber absolut nicht erstrebenswert und zum nachahmen empfohlen. Auf den Weltbühnen unseres Sports werden immer Athleten vorne stehen, die zu 100% für diese Herausforderung gemacht sind. Die Genetik sorgt oft bei geringerem Einsatz trotzdem für mehr Erfolg als bei dem Athleten, der sich verstärkt künstlichen Zugang verschaffen will. Geht man dieses Spiel über mehrere Jahre ist es definitiv sehr kritisch zu sehen, wie hier mit dem eigenen Körper experimentiert wird.
Die Reamateurisierung als Möglichkeit
Der DBFV e.V. schreibt auf der eigenen Homepage, dass es möglich ist, sich reamateurisieren zu lassen. Dafür braucht man lediglich die Zustimmung vom DBFV e.V. und dem IFBB. Dies ist eine Möglichkeit für Athleten, die nochmal einen Schritt zurück machen wollen. Genau das ist auch meine Idee. Zurück zur Basis und Bodybuilding auf dem Niveau zu betreiben, auf dem man auch konkurrenzfähig ist.
Mein persönliches Fazit
Meine Devise ist schon seit Anfang an, nichts zu erzwingen und vor allem auch über den Tellerrand hinaus zu denken. Die Möglichkeit Bodybuilding zu betreiben, auf der anderen Seite aber auch Freiraum für andere Dinge zu haben, ist in meiner Welt definitiv deutlich lukrativer. Mit dem Schritt zurück in den Amateurbereich könnte ich persönlich den Sport auf normalen Weg betreiben und auch langfristig machen. In meinen Augen ist es vor allem für junge Athleten eine Gefahr realitätsfern in diesem Sport aufzuwachsen. Nicht jeder kann der nächste Bodybuilding Superstar werden und natürlich soll es jeder versuchen dürfen, keine Frage. Aber es ist nicht der Sinn der Sache, sich schon für eine Süddeutsche Meisterschaft in große Risiken zu begeben, weil die Genetik einfach nicht mit spielt. Der Profi Titel ist sicherlich eine schöne Auszeichnung, am Ende verfehlt sie aber den wert, wenn sie in einer Sackgasse endet. Vorallem Thomas Scheu, Horst Wetterau, Manuel Bauer, Peter Jallitsch und viele andere Athleten sind ein perfektes Beispiel dafür, wie gut das Niveau früher auf den Amateurmeisterschaften war und dann auch einen größeren Wert hat, als wenn man eine mittelmäßige Profimeisterschaft mit dem 10. Platz beendet. Abschließend muss man aber auch dazu sagen, dass es auf jeden Fall positiv ist, dass es so viele neue Athleten gibt. Der Sport verspürt allgemein einen großen Aufschwung die letzten Jahre und heutzutage gibt es auch mehr Möglichkeiten europaweit Wettkämpfe zu machen. Das alles tut unserem Sport gut, allerdings sollten wir die Schallklappen der Kommerzbubble immer hinterfragen und die Liebe zum Sport Bodybuilding selbst nicht an den Rand stellen, sondern ganz nach vorne an der Spitze präsentieren.
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